Pandemie-BekämpfungWissenschaftler:innen fordern Anpassung des Urheberrechts

Hunderte Akteure aus Wissenschaft und Forschung fordern die Lockerung des Urheberrechts, um das Corona-Virus besser bekämpfen zu können. Zu den Unterzeichner:innen der gemeinsamen Erklärung an die Welthandelsorganisation gehören auch Organisationen wie Wikimedia Deutschland oder die südafrikanische Academy of Science.

Im Labor
Frei zugängliches Wissen könnte die Bekämpfung der Corona-Pandemie beschleunigen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Science in HD

Für die Eindämmung der Corona-Pandemie fordert ein Zusammenschluss aus 100 Organisationen und 150 Einzelpersonen eine Lockerung des globalen Urheberrechts. Die gemeinsame Erklärung an die Welthandelsorganisation (WTO) wurde von Wissenschaftler:innen des Washington College of Law angestoßen. Zu den Unterzeichner:innen gehören Organisationen wie Wikimedia Deutschland oder die südafrikanische Academy of Science.

Ziel ist die Unterstützung von Bibliotheks-, Archiv- und Museumsarbeit, sowie von Forscher:innen und Lehrer:innen, die an Maßnahmen gegen COVID-19 arbeiten. Der Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken, genauso wie zu Patenten und technischem Know-How spiele laut der Erklärung eine wichtige Rolle zur Bekämpfung des Virus und der Weiterentwicklung von Behandlungsmethoden.

In vielen Ländern verhindern Urheberrechtsgesetze die Nutzung von Wissen außerhalb von Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken oder Universitäten, die wegen Lockdown-Bestimmungen geschlossen sind. Der Zugang zu Wissen sei dadurch ungleich verteilt und eingeschränkt. So fehlen etwa Forschenden im Home Office wichtige Quellen, die hinter Paywalls verborgen oder nur analog abzurufen sind.

TRIPS-Abkommen aussetzen

Die Unterzeichner:innen appellieren an die WTO, das „Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS)“ für kurze Zeit anzupassen und teilweise auszusetzen. Der Vorschlag bezieht sich auf einen von Südafrika und Indien gestellten Antrag an die WTO im Oktober 2020. Die Länder schlugen vor, allen WTO-Mitgliedern eine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung von geschützten COVID-19-Produkten und -Technologien für die Dauer der Pandemie zu erteilen.

In der Erklärung an die WTO betonen die Organisationen und Wissenschaftlicher:innen, dass die Beseitigung rechtlicher Wissensbarrieren für die Weiterentwicklung und Produktion von Impfstoffen essentiell sei. Die WTO und deren Mitgliedsstaaten müssten internationale Solidarität zeigen, da menschenrechtliche Verpflichtungen über den Schutz von Urheberregelungen gehe.

Unter geistigem Eigentum, dessen Nutzung im Rahmen des TRIPS geregelt wird, fallen auch Geschäftsgeheimnisse und gewerbliche Muster, die Unternehmen zur Kontrolle des Marktes einsetzen. In Bezug auf COVID-19 bedeutet das konkret, dass Pharmakonzerne medizinische Güter wie Medikamente, Masken oder sogar Beatmungsgeräte künstlich verknappen, um mehr Profit zu generieren. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen wirft der Pharmaindustrie deshalb vor, selbst in einer globalen Pandemie am Prinzip der Profiftmaximierung festzuhalten.

15 Ergänzungen

      1. Richtig erkannt: es ist eine Ausdrucksform!

        Genau kostet extra viel.

        Soviel: „Urheberrecht im Weg essentiellen Fortschritts.“ – Gibt es den nur im Zuge von Pandemien?

        1. Du scheinst allerdings nicht gerade Anhänger genauer Ausdrucksform zu sein.

          Schreib doch einfach „Warum sollte das Urheberrecht eigentlich nur in der Pandemie angepasst werden um wissenschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen?“.

          1. Ohne beteiligt zu sein: hier drohen feste Vorstellungen mitzuspielen.

            – Warum ein Anhänger?
            – Was ist eine genaue Ausdrucksform? Wie verhält es sich bei komplexen Sachverhalten?
            – Was ist eine Frage?
            – Wo werden überall Fragezeichen benutzt?
            – Gibt es ins schriftliche übertragene gesprochene Sprache? Auch als Kunstform? Welche Interpunktion kann dort verwendet werden?
            – Wie komprimiert man einen komplexen Sachverhalt in einem kurzen Satz mit Fragezeichen, wie nähert sich die Wissenschaft üblicherweise an komplexe Themen an?
            – Warum wird „wirtschaftlich“ erwähnt?
            – Deutet der verkürzte Satz vielleicht an, dass etwas ausgelassen wurden?
            – Was ist eine Ellipse?
            – Wie lautet der Titel der neuesten Ausgabe des „Wachturm“?

  1. „Lockerung des Urheberrechts“ ist unzureichend. Was wir brauchen ist die vollständige Abschaffung des Urheberrechts, da Kommunikationsfreiheit und Urheberrecht sich gegenseitig ausschließen.

    1. Aus Sicht der handelnden Politiker ist es natuerlich genau anders herum, und Kommunikation des Buergers ohnehin ein zu minimierendes Uebel. Sonst bilden die sich noch unbequeme Meinungen oder organisieren sich gar, da bedroht die gottgewollte Ordnung und etablierte Herrschaft 8)

    1. Das skurile ist ja, dass die CDU bei der Umsetzung der EU-Richtlinie Uploadfilter „soweit es geht vermeiden“ will bzw. wollte, andere EU-Länder die Richtlinie allerdings so interpretieren, dass Uploadfilter auf jeden Fall vorgeschrieben werden.

      Auch recht dreist ist, wie die CDU jetzt ein Rückzugsgefecht anfängt, und behauptet sie hätte ja nie wirklich versprochen, dass es keine Uploadfilter geben würde, sondern dass sie ihr allerbestes dafür gegeben hat, um diese „so weit wie möglich“ zu vermeiden. Man möchte im Grunde von beiden Seiten gefeiert werden: von der einen Seite für die Einführung der Uploadfilter, und von der anderen Seite für deren Verhinderung. Eine absolute Comedyshow!

    1. A) „Der Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken, genauso wie zu Patenten und technischem Know-How“

      B) „Beseitigung rechtlicher Wissensbarrieren für die Weiterentwicklung und Produktion von Impfstoffen“

      Das Problem besteht offenbar in dem nicht freigegebenen Teil.

  2. Wenn die Hersteller bei Impfstoffen nur unter massivem Beschmeißen mit Staatsknete weich werden, kann man auch gleich alles theoretische und praktische Know-How für die essentiellen Zwecke freigeben.

    1. Wieviel kann offengelassen werden?

      Während nach den Daten der Menschen gerufen und gegriffen wird, gibt es über Systeme und Prozesse eigentlich schon so viel, dass eine KI, die z.B. auch klassische Archive durchwühlt bekommt, möglicherweise schon abschließend, oder wenigstens doch umfassend urteilen kann.

      Aber vielleicht gibt es doch noch entscheidende Lücken – welche Systemklasse habt ihr bisher noch nicht wirklich versucht?

  3. Berichterstattung.

    Erst hieß es, es sei gar nicht möglich, jetzt heißt es, Indien und irgendwo in Afrika hätten längst produzieren können, wenn das Wissen geteilt worden wäre. Jetzt entwickeln die selbst mRNA-Impfstoffe. Prinzipiell besser als vorher, nächste Pandemie also „early bird“ Reise nach Indien/Afrika als Alternative zu einer vorsichtig um Faktor 1,3370625 erhöhten Produktion in Europa. Dennoch: was für eine Zeitverschwendung…

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